Frühwarnanlagen und Salz gegen Eis und Schnee

So sorgen Behörden für befahrbare Strassen

Glatteis ist in diesen Tagen des Autofahrers ärgster Feind. Um zu erkennen, ob sich Glatteis bildet, setzen die Strassenunterhaltsdienste auch auf moderne Warnanlagen. Sie optimieren den Einsatz von Streusalz.

Die morgendlichen Minustemperaturen sorgen dieser Tage für Ausrutscher auf Strassen und Trottoirs. Doch damit Autofahrer und Fussgänger kalte Wintertage möglichst unfall- und sturzfrei überstehen, sind die Unterhaltsdienste von Gemeinden und Kanton teils stundenlang im Einsatz. «Zieht eine Schneefront auf, beginnt der Winterdienst auf den Autobahnen schon rund zwei Stunden vorher mit Salzen», sagt Thomas Maag, Mediensprecher der kantonalen Baudirektion.

Der Einsatz von Streusalz folge einer Prioritätenliste: zuerst auf den Autobahnen, danach auf stark befahrenen Kantonsstrassen sowie auf jenen Kantonsstrassen, wo Busse verkehren. Über 14000 Tonnen Salz umfasst das Salzlager des Kantons. Der aktuelle Verbrauch entspricht laut Maag jenem eines durchschnittlichen Winters.

Damit dieses Salz gezielt und zum richtigen Zeitpunkt verteilt wird, setzt der Kanton auf ein Glatteisfrühwarnsystem mit 68 Messstationen auf dem ganzen Kantonsgebiet. Sie schlagen beim Unterhaltsdienst Alarm, bevor sich Glatteis bildet. Auch Gemeinden am See optimieren ihren Winterdienst mithilfe solcher Stationen.

In Horgen gibt es zwei Messstationen an Gemeindestrassen. Diese hier steht am Gstaldenrank unweit der Autobahn.

In Horgen gibt es zwei Messstationen an Gemeindestrassen. Diese hier steht am Gstaldenrank unweit der Autobahn.

Auch Gemeinden setzen auf Glatteiswarnsystem

Zur Verhinderung von Glatteis nutzen verschiedene Gemeinden die Dienste von modernen Messgeräten. Der Kanton verwendet solche schon lange. Auslöser dafür war eine Massenkarambolage vor zwanzig Jahren.

Es sind keine neuartigen Blitzkästen, die schwieriger zu erkennen sind. Nein, Ende letzten Jahres hat die Gemeinde Zollikon zwei Glatteisfrühwarnanlagen installiert. Sie alarmieren die Behörden vorzeitig, wenn Glatteisgefahr herrscht (siehe Kasten). Die Anlagen wurden an Orten aufgestellt, wo sich aus Erfahrung sehr schnell Glatteis bildet: an der Bergstrasse beim Parkplatz Allmend und an der Ecke Rietholz-/Hohfurenstrasse. «Dort befindet sich auch oft der Übergang zwischen Schneefall und Regen», erklärt Sandro Filosi, der stellvertretende Abteilungsleiter Bau der Gemeinde Zollikon.

Besitzen tut die Gemeinde die Frühwarngeräte aber nicht. Sie mietet sie lediglich von der Herstellerfirma. Um den Unterhalt der Systeme muss sich Zollikon also nicht selber kümmern. «Bis jetzt haben wir damit gute Erfahrungen gemacht», sagt Filosi.

Warnung per App

Auch an der linken Seeseite sind solche Messstationen an Gemeindestrassen zu sehen. So setzt Horgen seit Januar 2018 auf die Dienste zweier Messstationen. Die eine steht am Gstaldenrank unterhalb der Autobahn. Also dort, wo die Bergstrasse in die Waldeggstrasse mündet. Die andere Station ist im Hirzel nahe der Bushaltestelle Spitzen zu entdecken. Wie in Zollikon gilt auch hier: Beide Orte sind besonders anfällig für die Glatteisbildung, wie Christian Schütz, Fachbereichsleiter des Horgner Strasseninspektorats, sagt.

Das Frühwarnsystem alarmiert Schütz und seine Leute via Internetseite oder App und zeigt damit an, wann es Zeit zum Salzen ist. Auch Horgen mietet die Geräte bei der Herstellerin. Im Falle von Horgen ist dies die Schweizer Firma Boschung. Ihre Dienste lässt sich Horgen pro Anlage und Jahr rund 3000 Franken kosten. Im Angebot inbegriffen seien aber auch aktuelle Daten, die andere Glatteisfrühwarnsysteme liefern. Für Horgen interessant seien vor allem jene der umliegenden kantonalen Anlagen. «Von diesen können wir oft auf die Glättesituation einiger unserer Gemeindestrassen schliessen», sagt Schütz.

Am Anfang waren es 58

Das Tiefbauamt des Kantons Zürich setzt ähnliche Messgeräte an Autobahnen und Kantonsstrassen schon seit 2003 ein. Damals nahm es quasi auf einen Schlag 58 Messstationen in Betrieb, die sich über das ganze Kantonsgebiet verteilen. Mit dem damals neuen, 7,5 Millionen Franken teuren Glatteisfrühwarnsystem wurde ein früheres, technisch veraltetes System abgelöst. Auslöser für den Neuaufbau war eine Massenkarambolage in der Linthebene im Winter 1999, als 77 Fahrzeuge ineinanderprallten und dabei mehrere Menschen verletzt wurden.

Seit Einführung des neuen Systems ist die Zahl der Messstationen noch angestiegen. Heute verfügt der Kanton über 68 Anlagen; zwei Drittel davon stehen an Autobahnen und Autostrassen. Das Netz noch weiter zu verdichten, ist laut Thomas Maag, Mediensprecher der Baudirektion, zurzeit aber nicht vorgesehen. 

Im Bezirk Horgen betreibt der Kanton neun Stationen. So zum Beispiel auf der Albispasshöhe und auf der Gattikerhöhe in Thalwil. Doch so nützlich die Instrumente sind, etwas gilt nach wie vor: «Glatteisfrühwarnsysteme können den Menschen nicht komplett ersetzen», sagt Maag. «Deshalb finden unabhängig davon immer auch Kontrollfahrten unserer Winterdienstmitarbeiter statt. Und auch die Kantonspolizei meldet, wenn ihre Patrouillen irgendwo prekäre Strassenzustände vorfinden.»

So funktioniert die Anlage

Eine Glatteisfrühwarnanlage besteht aus zwei Sonden. Die erste Sonde in der Fahrbahn misst die Voraussetzungen auf der Strasse: die Höhe des Wasserfilms, die Temperatur an der Oberfläche der Fahrbahn sowie das übrig gebliebene Salz. Damit die Messdaten der Bodensonde so wenig wie möglich von den Reifen der darüber fahrenden Autos verfälscht werden, befindet sich die Sonde meistens unter dem Mittelstreifen. Gleich daneben misst die zweite Sonde ungefähr drei Meter über der Strasse die relative Feuchtigkeit, die Lufttemperatur und die Art des Niederschlages.

Anhand dieser Daten lässt sich die Gefriertemperatur des Wasserfilms auf der Fahrbahn berechnen. Da die Menge an Salz in der Wasserschicht variiert, bildet sich nicht immer bei genau 0 °C Glatteis. Je mehr Salz vorhanden ist, desto tiefer liegt der Gefrierpunkt. Wenn das System Glatteis voraussagt, wird die zuständige Behörde alarmiert. Nun kann der Strassenräumdienst Salz streuen.

Es gibt keine Alternative zu Streusalz – hier ein Silo im Werkhof Wädenswil.

Es gibt keine Alternative zu Streusalz – hier ein Silo im Werkhof Wädenswil.

Salz ist die Würze der Strasse

Schnee und Eis sind Gift für den Strassenverkehr. Deshalb rückt bei solcher Rutschgefahr sofort eine Armada von Pflügen und Streumaschinen aus. Zum Auftauen gibt es nichts Besseres als Salz in Verbindung mit einer Salzlösung.

Eineinhalb Teelöffel Salz genügen, um einen Quadratmeter Strasse eisfrei zu machen. Das entspricht etwas mehr als 10 Gramm. Im Winterdienst kommen da trotz des Mottos «So viel wie nötig, so wenig wie möglich» Riesenmengen zusammen. Der Kanton Zürich verbraucht bei einem Volleinsatz auf seinen 1330 Kilometern Staatstrasse und 320 Kilometern Autobahn in wenigen Stunden 210 Tonnen Auftausalz. Dieses wird kurz vor dem schwungvollen Verstreuen noch mit einer Sole angefeuchtet. So wird das Salz nicht vom Wind verblasen und haftet besser auf der glatten Fahrbahn. Die Feuchtsalztechnik beschleunigt zudem den Tauprozess und hält die Strassen länger eisfrei.

Prioritäten setzen

Auch die Gemeinden vertrauen auf diese Technik. Wichtig ist vor allem, wo bei einsetzender Glätte mit dem Streuen begonnen wird. Christian Schütz, Leiter des Horgner Strasseninspektorats, zählt die Reihenfolge auf: Hauptverbindungsstrassen, Buslinien, rund um den Bahnhof und publikumsintensive Verbindungen für Fussgänger sowie steile Strassen wie zum Beispiel der Kirchenrain in Horgen. Manchmal übernimmt die Gemeinde auch den Winterdienst im Auftrag des Kantons. Schütz nennt das oberste Gebot: «Die Gemeinde ist verantwortlich, mit ihrer Arbeit die Sicherheit zu gewährleisten.»

Meilen ist für die Schneeräumung und das Salzstreuen auf rund 50 Kilometern Strasse und 30 Kilometern Trottoir sowie 6 Kilometern Fuss- und Veloweg zuständig. «Die Verkehrs- und Fussgängersicherheit ist in Meilen zentral», sagt Marc Bamert. Für den stellvertretenden Gemeindeschreiber haben Strecken des öffentlichen Verkehrs erste Priorität. Danach kommen Hauptstrassen sowie steile Strassenabschnitte. Dritte Dringlichkeitsstufe weisen die Quartierstrassen auf. 

Split nur auf Wanderwegen

Auch wenn Salz der Makel eines «Rostbeschleunigers» anhaftet, bleibt es beinahe unbestritten im Kampf gegen Eis und Glätte. Split ist teurer, der scharfkantige Kies stumpft schnell ab und wird aus der Fahrspur geschleudert. Der Kanton rechnet mit kaum 500 Fahrzeugüberfahrten, bis erneut Split gestreut werden muss. Zudem ist das Einsammeln vom Strassenrand und aus Entwässerungsschächten aufwendig, das Material verursacht beim Zusammenwischen Staub und muss als Sondermüll entsorgt werden. Deshalb wird Split selten verwendet. «Bei Bedarf wird auf Wanderwegen Split eingesetzt», sagt Marc Bamert. Für asphaltierte Strassen verwendet Meilen Salz. 

Kein Problem für ARA

Der Einsatz von Streusalz endet zwangsläufig in der Kanalisation. Doch das in Wasser gelöste Salz beeinträchtigt die Abwasserreinigungsanlagen (ARA) nicht. Gemäss Auskunft des Meilemer Gemeindeschreibers Didier Mayenzet ist dazu die Konzentration des Salzes viel zu gering. Dass die Abwasserreinigung dennoch im Winter zäher abläuft, hat andere Gründe. Der Einfluss der niedrigen Temperaturen auf die Mikroorgansimen der biologischen Reinigungsstufe ist grösser. 

Auch Norbert Bürge, stellvertretender Horgner Gemeindeingenieur, winkt ab: «Das Streusalz hat keine Auswirkungen auf die Abwasserreinigung in der ARA Horgen-Oberrieden.» Die Meteorabwasserkanäle seien zudem grundsätzlich nicht mit der Abwasserreinigungsanlage verbunden. «An die Abwasserreinigungsanlage sind reine Schmutzwasserleitungen sowie Mischwasserleitungen angeschlossen», erklärt Bürge. Die Versorgung mit Streusalz gibt keinen Anlass zur Sorge, wie Thomas Maag, Sprecher des kantonalen Tiefbauamts bestätigt: «Der Winter 2018/19 verläuft normal.» Das kantonale Salzlager umfasst 14165 Tonnen Salz, was gemäss Maag in etwa dem Salzverbrauch eines durchschnittlichen Winters entspricht. «Es wird laufend aufgefüllt.» 

Salz streuen: Pflicht für Hausbesitzer

Was beim Winterdienst auf öffentlichen Strassen gilt, betrifft auch die Umgebung von Liegenschaften: Die Sicherheit zur Benützung von Trottoirs, Zufahrten und Privatwegen muss gewährleistet sein, und es muss alles verhindert werden, was eine Gefahr darstellen kann. Katja Stieghorst, Juristin des Schweizerischen Hauseigentümerverbands (HEV), erklärt: «Die Schneeräumung und das Streuen gehören zur Pflicht des Eigentümers oder Vermieters.» Diese Aufgabe kann auch einer Liegenschaftsverwaltung oder einem Hauswart übertragen werden. Ausnahmen gibt es nur, wenn diese ausdrücklich in der Hausordnung und im Mietvertrag festgehalten sind. Bei gemieteten Einfamilienhäusern geht die Pflicht zum Winterdienst an den Mieter über. Eine Eigenverantwortung gibt es in jedem Fall auch, was zum Mietobjekt gehört: Balkon, Terrasse und Autoabstellplatz.

Was Winterdienst heisst (inklusive der Verhinderung von oder Warnung vor Dachlawinen), ist nicht bis ins letzte Detail geregelt. Es gilt die Faustregel, wonach die Benützung der Umgebung einer Liegenschaft den Gegebenheiten so weit angepasst sein muss, dass der problemlose Zugang sichergestellt ist. Es muss also nicht rund um die Uhr die letzte Schneeflocke geräumt und auch nicht mitten in der Nacht Salz gestreut werden. «Als Richtwert gilt die Zeit zwischen 7 und 21 Uhr», sagt Katja Stieghorst. «In jedem Fall ist Eigentümern angeraten, sich entsprechend beraten zu lassen und unter Umständen eine Gebäudehaftpflichtversicherung abzuschliessen, um für den Fall der Fälle gewappnet zu sein.»

Texte: Christian Dietz-Saluz, Markus Hausmann, Solvej Oettli, Matthias Schmid / Bilder: Manuela Matt / Digitale Umsetzung: Martin Steinegger

Texte: Christian Dietz-Saluz, Markus Hausmann, Solvej Oettli, Matthias Schmid / Bilder: Manuela Matt / Digitale Umsetzung: Martin Steinegger

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