Eine Schatzsuche in den Brockis am Zürichsee

In Brockenhäusern gibt es nichts, was es nicht gibt. Darum sind sie trotz Konkurrenz aus dem Internet immer noch sehr beliebt.

Was macht die Magie der Brockis aus? Welche ungewöhnlichen Trouvaillen sind schon bei den Brockis in der Region aufgetaucht? Wir haben nachgefragt.

Das geheimnisvolle Fass

Brockenstube Au, Wädenswil

«Meine Brockenstube habe ich mit 22 gegründet. Warum nicht?, dachte ich mir damals. Das ist nun schon 35 Jahre her. Auch ­einige meiner Angestellten sind schon lange dabei. Ihre Erfahrung zahlt sich aus, auch bei unserem Abholdienst.

Es gibt immer wieder Gegenstände, an denen ich besonders Freude habe. Zurzeit haben wir ein faustgrosses Holzfässchen mit einem Schlitz im Brocki. Nachdem ich dort herumgestochert habe, konnte ich einen circa ein Zentimeter langen Papierstreifen herausziehen. Es ist ein drei Meter langer Liebesbrief, der etwa 150 Jahre alt ist. Im Moment ist das Fass bei mir im Büro, ich möchte es gar nicht verkaufen.»

Das 20 000-Franken-Bild

Chramschopf, Zollikerberg

«Unser Brockenhaus lebt von der Freiwilligenarbeit. 150 Personen helfen an ihren freien Tagen bei uns. Wir haben es sehr gut miteinander, es haben sich im Verein schon viele Freundschaften entwickelt. Dank den ehrenamtlichen Mitarbeitern können wir einen sehr guten Service anbie­ten.

Samstags sind bei uns jeweils 35 Personen im Verkauf. Früher brachten uns die Leute noch edlere­ Sachen vorbei, nun macht uns das Internet Konkurrenz. Einmal gab jemand ein Bild in unserer Galerie ab. Wir brachten es zum Kunsthaus zum Schätzen, und kurze Zeit später drückte uns ein Händler 20 000 Franken in bar in die Hand.» 

Das Brocki mit den Blumen

Yvonne’s Brocki, Adliswil

«Es ist gut, wenn ein Brocki an­mä­chelig ist. Daher ist meine Brockenstube immer sehr sau­ber, übersichtlich und schön deko­riert. Manchmal hat es ein Blüem­li zwischendurch. Unsere Fenster sind auch immer schön ausgestattet. Mein Brocki habe ich vor 14 Jahren aus Umwelt­gedanken gegründet. Darum habe ich auch kein Problem damit, Pelzmäntel zu verkaufen. Es ist sinnvoller, wenn sie wiederverwendet werden, als wenn sie verbrannt werden. Aber es ist schon eine zweischneidige Sache.

Das gilt auch für ein absolutes Unikat, das ich vor einiger Zeit bei einer Haushaltsauflösung gefun­den habe: eine Arzttasche aus Krokodilleder. Die hat sich natürlich gut verkauft.»

Das Brocki mit Charme

See-Brocki, Meilen

«Mir gefällt die Arbeit im Brockenhaus, weil man hier Leute kennen lernt, querbeet durch die Gesellschaft. Gerade auch, weil bei uns gemarktet wird. Darum­ habe ich vor zwölf Jahren mein eigenes Brocki gegründet. Davor war ich bereits einige Jahre in einer anderen Brockenstube tätig­.

Wir geben uns grosse Mühe mit der Dekoration, die immer saisonal angepasst ist. Wir haben zum Beispiel eine Winteraus­stellung. Bei uns bleibt nichts lange am gleichen Ort, sodass die Kunden immer wieder Neues entdecken. Auch wir entdecken immer wieder spannende Sachen­: Schachteln sind mit Gläser angeschrieben und dann ist etwas ganz anderes drin.»

Die Kommode als Toilette

Linthof-Markt, Uznach

«Bei uns gibt es auf beinahe 1700 Quadratmetern von der Antiquität bis zum Kaffeelöffel alles. Möbel stellen wir in Wohnlandschaften aus, unsere Bücher sind nach Sachgebiet und Autor sortiert. Häufig hören wir von Kun­den, wie ordentlich es bei uns sei. Und dass es gut rieche. Bei uns arbeiten Personen mit psychischen Erkrankungen. Das Brocki wurde gegründet, um geschützte Ar­beits­plätze zu schaffen.

Ab und zu tauchen natürlich auch Kuriosi­täten im Laden auf. Einmal kam zum Beispiel eine grosse Kommode. Bei dieser konnte man den Deckel auf­klappen, zwei Töpfe drunter­stellen, und schon hatte man eine Doppel­toilette. Das Möbelstück war rasch verkauft.»

Das verlockende Schaufenster

Giovi’s Brocki, Eschenbach

«Früher war ich Koch. Aber ich bin schon immer gerne auf Flohmärkte und in Brockis gegangen. Daher habe ich vor einem Jahr das Brocki übernommen. Damals war das Geschäft praktisch tot, nun läuft es gut. Wenn die Kunden etwas im Fenster sehen, aber keine Zeit haben, um in den Laden zu kommen, rufen sie an, um den Gegenstand zu reservieren. Manche kommen auch mit spezifischen Wünschen vorbei. Wenn ich nichts Passendes im Laden habe, versuche ich, das Stück sonst aufzutreiben.

Alles, was zu mir ins Brocki kommt, ist interessant. Nur made in China mag ich nicht. Gerade habe ich einen alten Tisch, der mir sehr gefällt. Wenn ihn jemand­ gut behandelt, verkaufe ich ihn der Person gerne.»

Impressum

Aufgezeichnet von: Olivia Tjon-A-Meeuw (otm)
Fotos: Manuela Matt, Michael Trost, Sabine Rock
Digitale Umsetzung: Paul Steffen (pst)

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